Kid Icarus


von Seppatoni
17.04.2007

1986 veröffentlichte Gunpey Yokois R&D1-Abteilung zwei Spiele, welche auf dem NES große Erfolge feiern durften. Während der eine Titel – Metroid – auch heute noch mit erstklassigen Fortsetzungen die treue Fangemeinde weiter unterhält, so warten begeisterte Zocker des zweiten Titels seit der Game Boy-Version von 1991 vergeblich auf einen Nachfolger. Die Rede ist natürlich von Kid Icarus. Auch wenn mit Ausnahme des Gastauftritts des geflügelten Helden Pit in Super Smash Bros. Brawl (Wii) eine Fortsetzung nach wie vor in den Sternen steht, so wurde das NES-Original in den letzten Jahren zwei mal wiederveröffentlicht: Zum einen in der japanischen Version der NES Classics für den GBA, zum anderen als Titel in der Wii Virtual Console. Grund genug, einen ausführlichen Blick auf den Klassiker zu werfen.

Vor langer Zeit existierte ein Königreich, genannt "Angel Land". Regiert wurde es von den zwei Göttinnen Palutena, welche das Licht regierte, und Medusa, die über die Dunkelheit herrschte. Während Palutena mit den Menschen in Frieden lebte, so hasste und verachtete Medusa die Menschheit. Als sie in einem Wutanfall die fruchtbaren Felder der Leute austrocknete und die Bewohner in Steinstatuen verzauberte, verwandelte Palutena Medusa in ein hässliches Monster und verbannte es in die Unterwelt. Medusa aber verbündete sich mit den Monstern und Mächten der Unterwelt und überfiel Palutenas Palast im Himmel und übernahm die Herrschaft über das Königreich. Beim Sieg über die Armee des Lichts ergatterte die finstere Seite zudem die drei heiligen Schätze, auf welchen sämtliche Hoffnungen der guten Seite ruhten. Die Aussichten waren denkbar schlecht, bis einem jungen Engel namens Pit, der bislang zu Palutenas persönlichen Wächtern gehörte, die Flucht aus einem Kerker in der Unterwelt gelang. Ausgerüstet mit Pfeil und Bogen macht er sich auf die Reise zum Himmel, um die drei heiligen Schätze zurückzuholen und die Welt von der Dunkelheit ein für alle mal zu befreien.

Das Abenteuer startet wie geschildert in den Tiefen der Unterwelt. Um an die Oberfläche zu gelangen, müssen erst mal, für damalige Videospiele ungewöhnliche, vertikal scrollende Stages gemeistert werden. Verlässt Pit links oder rechts den Bildschirm, gelangt er an der gegenüberliegenden Seite des Bildschirms an der gleichen Stelle wieder hinein. Auf diese Weise gilt es zahlreiche knifflige Welten zu absolvieren und das zuoberst gelegene Ziel zu erreichen. In späteren Abschnitten darf dann wie gewohnt auch in seitwärts scrollenden Welten agiert werden. Doch auch äußerst verzwickte Labyrinthe warten jeweils am Ende einer Welt auf den geflügelten Helden.

Doch eines haben alle Levels gemeinsam: Sie sind gefüllt mit zahllosen Widersachern. Von relativ harmlosen, aber in großer Zahl auftauchenden Schlangen reicht die Palette über aggressive Schneemänner, glubschäugige Flugmonster bis hin zum Eggplant Wizard, den viele wohl noch aus der Fernsehserie "Captain N" kennen dürften. Eine Berührung mit dem Zauberer oder einem Geschoss verwandelt euch geradewegs in eine Aubergine. Krönung des ganzen sind aber die stattlichen Endbosse, die Pit jeweils am Ende einer Welt alles abverlangen.

Klar, dass da Pit nicht ganz ohne die Unterstützung verschiedener hilfreicher Items auskommt. So hinterlassen besiegte Gegner jeweils unterschiedlich große Herzen, die bei den verschiedenen Händlern gegen wertvolle Items getauscht werden können. So könnt ihr beispielsweise mit in Flaschen abgefülltem Lebenswasser automatisch Pits leeren Energievorrat auffrischen, legt ihr euch ein Fass zu, könnt ihr gar mehrere davon tragen. Eine Feder lässt euch nach einem Absturz wieder elegant nach oben schweben. Sowohl beim Händler wie auch in den Levels findet ihr auch Lebenswasser in Gläsern, welches im Gegensatz zu der Flaschen-Variante sofort konsumiert wird. Ebenfalls in den Welten stoßt ihr ab und zu auf Harfen, welche sämtliche Gegner in rote Hämmer verwandelt. Mit diesen können in Statuen verwandelte Angel Land-Bewohner wieder zum Leben erweckt werden.

In verschiedenen Räumen werdet ihr auch von Zeus persönlich zu einer Prüfung herausgefordert. Besteht ihr sie, hat Pit die Auswahl zwischen 3 wertvollen Items: Der heilige Bogen lässt Pfeile weiter fliegen, der brennende Pfeil versieht euer Geschoss mit einem Feuerball und der Schutzkristall lässt zwei Edelsteine zum Schutz um Pit kreisen. In den Welten werdet ihr ebenfalls auf Bonusräume stoßen. Wenn ihr die Vasen in der korrekten Reihenfolge zerstört, wartet im letzten Porzellangefäß ein besonders wertvolles Item. Neben Feder oder einer Flasche Wasser des Lebens gibt es auch die Kreditkarte zu finden. Damit könnt ihr auf dem Schwarzmarkt einkaufen, ohne genug Herzen zu haben. Dafür werden euch die weiter gesammelten Einheiten abgezogen, bis der Preis beglichen ist. In den verzwickten Labyrinthen gibt es zudem immer eine Karte zu finden. Allerdings ist diese ohne Stift und Fackel, welche bei einem Händler erworben werden müssen, ziemlich nutzlos. Damit erkennt ihr eure aktuelle Position und hakt bereits besuchte Räume ab. Ebenfalls ausschließlich in den Labyrinthen findet ihr Spital-Räume, in welchen euch bei einer Verzauberung durch den Eggplant-Wizard geholfen wird.

Ganz rollenspieltypisch wird auch Pit im Verlaufe des Abenteuers immer stärker. Hat er eine bestimmte Leistung vollbracht (Kriterium ist der Punktestand), so erhält er am Ende einer Welt eine zusätzliche Energieeinheit. In verschiedenen Räumen wird Pit von Zeus gar mit einem stärkeren Pfeil belohnt, sofern er eben ein bestimmtes Niveau erreicht hat. Insgesamt 5 Stufen gibt es bei den spitzen Geschossen. Je nach Stufe ändert Pit auch sein farbliches Äußeres.

Als etwas knifflig erweist sich die Steuerung. Pits Sprungverhalten ist – für die damalige Zeit nicht ganz unüblich - nicht immer einfach zu handhaben. Mit etwas Übung geht aber die Kontrolle gut von der Hand. Dies muss es auch, denn die stellenweise äußerst kniffligen Sprungpassagen und in Massen attackierenden Gegner machen es euch nicht allzu leicht. Und bei leerer Energieleiste gilt es gnadenlos wieder vom Anfang des Levels zu beginnen. Immerhin könnt ihr durch ein Passwortsystem wieder im jeweiligen Abschnitt starten, eine Save-Funktion wie es das Famicom Disk-Original in Japan hatte, bietet das Modul aber leider nicht. Das Spiel richtet sich daher klar weniger an Anfänger, sondern mehr an fortgeschrittene Zocker, welche auch mal eine Prise Frust verkraften können. Wenig zu bemängeln gibt es am für die damalige Zeit stattlichen Umfang: 3 Welten à jeweils 4 Levels, plus einen weiteren Abschnitt lassen euch einige Zeit im Angel Land verbringen.

Grafisch kann Kid Icarus natürlich nicht mit späteren NES-Titeln mithalten, bietet aber dennoch ansprechende Optik mit einem gewissen Charme. Aus musikalischer Sicht bietet der Klassiker einige mittlerweile wohl legendäre Melodien, die man auch Jahre später noch ohne Probleme vor sich hinpfeifen kann. Auch schafft beispielsweise die düstere Musikuntermalung in den Labyrinthen eine beklemmende, dichte Atmosphäre. Ebenfalls positiv zu erwähnen sind die Soundeffekte, welche sich nahtlos in das Geschehen mit einfügen.

Kid Icarus ist ein absoluter Klassiker auf dem NES, den jeder eingefleischte Nintendo-Fan gespielt haben muss. Der einmalige Mix aus Adventure-, Action-, RPG-, Jump 'n' Run- und am Ende gar noch Shoot 'em Up-Elementen ist äußerst gelungen und lässt einen so schnell nicht mehr los. Die vielfältige Gegnerschar, das ausgetüftelte Leveldesign und die vielen zu sammelnden Items motivieren ungemein. Obschon man dem Titel sein Alter natürlich stellenweise auch anmerkt und auch der Schwierigkeitsgrad recht hoch angesiedelt ist, gehört Kid Icarus in jede NES-Sammlung. Und wer weiß – vielleicht überrascht Nintendo uns ja doch noch mit einer unverhofften Fortsetzung? ;-)


Wertung


8/10

Kommentare



Seppatoni
Kennengelernt hab ich Kid Icarus aka Pit durch die TV-Serie Captain N. Erst viel später hab ich zum ersten Mal das Videospiel gezockt und es hat mich mit dem speziellen Genre-Mix und dem Charme, den es ausstrahlt, sofort in seinen Bann gezogen. Bis ich es durchgespielt hatte, verging nochmals einige Zeit, in welcher es etliche Situationen gab: Von frustrierend bis hochspannend. Auch wird der Klassiker regelmäßig gezockt – sei es auf dem NES, GBA oder via Virtual Console auf Wii.



Phil
Kid Icarus ist sicherlich ein Klassiker in der weit gefassten Spielebibliothek des NES. Unbedingt einsteigerfreundlich ist der Titel aus heutiger Sicht allerdings nicht. Direkt vom ersten Level an sorgt dieser herausfordernde Plattformer bei mir noch heute stets für schwitzige Hände, da in Anbetracht des stets drohenden Instant Deaths jeder Sprung genau abgepasst sein möchte und jeder unnötig erlittene Schaden das Erreichen des Levelausgangs utopischer erscheinen lässt. Hinzu kommen ein paar Designfehler, wie übermaessig teure Items in den Shops sowie die Tatsache, dass sich viele dieser Gegenstände nicht wie in einem Zelda oder Metroid quasi selbst erklären. Nichtsdestotrotz handelt es sich bei Pits erstem Abenteuer um ein fesselndes Spiel, für das man jedoch eine gewisse Frustrationstoleranz sowie Zeit zur Eingewöhnung mitbringen sollte.